Sehr geehrter Herr Dr Fasel,
im Namen von vielen Belarusen, die in der Schweiz leben, möchten wir, der schweizerisch-belarusische Verein RAZAM.CH, Sie auf die Umstände der 2021 IIHF Eishockey Weltmeisterschaft, die von 21. Mai bis 6. Juni 2021 in Lettland und Belarus stattfinden soll, aufmerksam machen. Unter normalen Umständen wäre es eine Ehre für jedes Land, Mitgastgeber einer solch wichtigen Sportveranstaltung sein zu dürfen. Leider ist dies für Belarus aus folgenden Gründen nicht der Fall.
Im Anschluss an die Präsidentschaftswahl, die in Belarus am 9. August 2020 stattfand, finden regelmässig Massenproteste in Minsk und anderen belarusischen Städten statt, an denen teilweise Hunderte von Tausenden von Leuten teilnehmen. Der völlig friedlichen Natur dieser Demonstrationen zum Trotz, setzt der Staatsapparat Polizei- und Militäreinheiten ein, um die Proteste zu unterdrücken. Blendgranaten, Tränengas, Gummigeschosse und Wasserkanonen wurden während der letzten drei Monate regelmässig auf den Strassen belarusischer Städte gegen friedliche Demonstranten eingesetzt. Massenfestnahmen, Bedrohungen, unverhältnismässige Gewaltanwendungen sowohl gegen friedliche Protestierende, wie auch zufällige Leute, ganz zu schweigen von zahlreichen dokumentierten Fällen von Folterungen und anderen inhumanen und erniedrigenden Misshandlungen an Menschen in den Hafteinrichtungen, Repressionen gegen die Medien und Privatjournalisten, regelmässige Abschaltung des Internetzugangs – alle die Ereignisse sind heute traurige Realität in Belarus geworden. Als Antwort auf diese zahlreich und konsequent vom belarusischen Staatsapparats begangenen Menschenrechtsverletzungen, sind lokal in Belarus und auch international tiefe Besorgnisse und scharfe Verurteilungen ausgesprochen worden.
Die Gemeinschaft der Sportler hat sich diesen Reaktionen angeschlossen. In ihrem offenen Brief an den belarusischen Staat haben mehr als 1000 belarusische Athleten unter anderem die sofortige Beendigung der Gewalt und die Freilassung von illegal Verhafteten gefordert. Die Reaktion der staatlichen belarusischen Sportbehörden bestand darin, Druck auf diese Sportler auszuüben. Viele habe ihre Jobs und die Möglichkeit zu trainieren verloren. Zum Zeitpunkt an dem dieser Brief verfasst wurde, haben mindestens fünf belarusische Sportler wegen Teilnahme an friedlichen Demonstrationen Haftstrafen verbüsst. Mehr als 20 haben wegen ihren politischen Ansichten ihre Arbeit verloren. (Für mehr Informationen zu diesem Thema, nehmen Sie bitte die beigefügten Dokumente der Belarusian Sport Solidarity Foundation (BSSF) zur Kenntniss.)
Zu den Unterzeichnenden des offenen Briefes gegen Gewalt repräsentieren ungefähr 30 den belarusischen Eishockeysport, darunter die offiziellen Vertreter der Belarusischen Eishockeyfederration. Herr Gennadiy Savilov, der Präsident der Belarusischen Eishockeyfederration und Leiter des 2021 IIHF WCH Organisationskomitees wurde gezwungen zurückzutreten. Mindestens drei Trainer und fünf administrative Angestellte wurden gezwungen ihre und diesen Sport gebundene Arbeitsstellen zu verlassen. Die Repressionen gegen Vertreter der belarusischen Sportgemeinschaft halten weiterhin an und betreffen Sportler, Mitglieder von Sportmannschaften und Sportfunktionäre.
Die Belarusian Sport Solidarity Foundation hat sich dafür engagiert, weltweit Aufmerksamkeit auf die in Belarus stattfindenden massiven Menschenrechtsverletzungen und den anhaltend auf die Sportlergemeinschaft in Belarus ausgeübten Druck zu lenken. Die BSSF stellt unter anderem in Frage, ob es angemessen ist, Belarus die 2021 IHHF Eishockeyweltmeisterschaft mitzuveranstalten. Vom 2. bis 9. November 2020 wurde eine elektronische Meinungsumfrage von der Platform Golos („die Stimme“) durchgeführt an der 420’075 registrierte und verifizierte belarusische wahlberechtigte Bürger teilnahmen. Diese Umfrage zeigte, dass
– 90,85% für die Absage der Meisterschaft in Belarus waren.
– 3,41% stimmten gegen die Absage der Meisterschaft in Belarus;
– 5,74% enthielten ihre Stimme.
Der schweizerisch-belarusische Verein RAZAM.CH ist auch tief über die Menschenrechtssituation in Belarus besorgt. Festnahmen und Gewalt sind nicht zurückgegangen und betreffen Tausende Menschen, darunter sowohl aktive Demonstranten, als auch zufällig Vorübergehende, ungeachtet ob es sich dabei um Staatsbürger oder Ausländer handelt und ungeachtet ihres Statuses oder Berufsstandes. Wir haben ernstzunehmende Gründe für die Befürchtung, dass die Durchführung der 2021 IHHF Eishockey Weltmeisterschaft sowohl Teilnehmer, Organisatoren, Offizielle und zahlreiche Unterstützer von Nationalmannschaften dem Risiko aussetzen, Opfer von Gewalt und anderen ernsthafte Menschenrechtsverletzungen zu werden. Es handelt sich hierbei nicht um eine Frage der Politik oder der politischen Einstellung, sondern um eine Frage der Sicherheit.
Auf dieser Grundlage bitten wir Sie und die IIHF darum, Solidarität mit der belarusischen Bevölkerung und Sportgemeinschaft zu zeigen, alle die Sicherheit und Öffentlichkeitswirkung betreffenden Risiken und die Verlegung des belarusischen Teils der 2021 IIHF Eishockeyweltmeisterschaft in ein anderes Land in Betracht zu ziehen.
Wir zählen auf Ihre Unterstützung und danken Ihnen im Voraus.
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